EEG2021: Bundesrat will mutigeres Gesetz für Photovoltaik & Co.

Plenarsaal des Bundesrates mit Vertreter*innen der Länder an ihren Tischen, im Hintergrund das Präsidium.Foto: Bundesrat / Sascha Radke
Die Sitzung des Bundesrates am 6. November 2020 befasste sich auch mit dem EEG2021.
Das Plenum des Bundesrates hat sich in seiner Sitzung am Freitag in einer Vielzahl von Punkten sehr deutlich gegen den Regierungsentwurf zum EEG2021 ausgesprochen. Die Länder wollen mehr erneuerbare Energien, weniger Bürokratie und mehr positive Signale an Anlagenbetreiber.

Der Entwurf der Regierung zum EEG2021 stößt in der Länderkammer auf massive Kritik. So erklärte Andreas Pinkwart (FDP), der Wirtschaftsminister von Nordrhein-Westfalen, für sein Bundesland zwar, der Entwurf greife den notwendigen Anpassungsbedarf der Fortentwicklung des EEG auf. „Wir begrüßen die in in der Novellierung formulierten Zielsetzungen, den Anteil des aus erneuerbaren Energien erzeugten Stroms am Bruttostromverbrauch auf 65 Prozent im Jahr 2030 zu steigern.“ Richtig sei auch das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2050. Und zu begrüßen sei auch, dass Erneuerbare-Energien-Anlagen – so sieht es der Entwurf zum EEG2021 vor – ausdrücklich im öffentlichen Interesse lägen und der öffentlichen Sicherheit dienten. Doch viele Chancen blieben ungenutzt, so Pinkwart: „Der Gesetzentwurf hätte mutiger sein dürfen.“

EEG als Auslaufmodell?

Aus Sicht des FDP-Mitglieds Pinkwart ist das EEG ein „Auslaufmodell“. Gleichwohl will er keinesfalls ein abruptes Ende, sondern eine Übergangsphase. Und einige der daraus abgeleiteten Forderungen an das EEG könnten so auch von Bündnis 90/Die Grünen kommen: u.a. weniger bürokratischer Aufwand, geeignete Rahmenbedingungen für neue Geschäftsmodelle, mehr Freiraum für Eigenverbrauch, bessere Bedingungen für das Repowering und höhere Ausbaupfade für Erneuerbare.

Die Mehrheiten im Plenum folgten bei der Abstimmung so auch einer Reihe von Forderungen aus den Bundesratsausschüssen. Das ist nicht selbstverständlich, denn die Mehrheiten in den Ausschüssen spiegeln nicht unbedingt die Meinung der Länderkammer wieder. Die Stellungnahme der Länder mit ihren Änderungswünschen zum EEG2021 steht in deutlichem Kontrast zur Regierungsvorlage. Aus ihr spricht letztlich eine völlig andere Haltung. Die Länder wollen klare Entlastungen für die Wirtschaft der erneuerbaren Energien und einen sehr viel schnelleren Ausbau, als ihn die Regierung vorsieht.

Unterstützung für Bundestagsfraktionen

Damit geben sie auch den Ambitionen in den Bundestagsfraktionen Rückenwind, die bei der Debatte zur ersten Lesung des EEG2021 im Bundestag zumindest anklangen. Sowohl in der SPD als auch in der Union im Bundestag gibt es Abgeordnete, die mutigere Schritte für das EEG2021 fordern. Mit der Stellungnahme der Länder gibt es auch konkrete Formulierungsvorschläge, wie das EEG2021 entsprechend anzupassen wäre.

Der Bundesrat hat eine lange Liste an Wünschen zur Änderung des EEG-Entwurfs vorgelegt. Dazu zählt, an kleine Anlagen nur rechtlich und technisch unabweisbare Anforderungen zu stellen. So wollen die Länder die Akteursvielfalt stärken. In diesem Sinne ist es auch, weitere Segmente von Ausschreibungen freizustellen bzw. sie gar nicht erst einzubeziehen. So sollen sich etwa Windparks mit bis zu 6 Anlagen mit durchschnittlich 3 Megawatt Leistung nicht an Ausschreibungen beteiligen müssen. Dies würde auch der Erneuerbare-Energien-Richtlinie der Europäischen Union entsprechen.

Weniger Anlagen in die Ausschreibung

Ebenso sollen PV-Anlagen unter 750 Kilowatt Leistung keinesfalls in Ausschreibungen gezwungen werden. Aber auch Betreibern von Dachanlagen, deren Förderung über eine Ausschreibung zu ermitteln ist, wollen die Länder den Eigenverbrauch nicht mehr untersagen. Das schließt das EEG derzeit aus. Die Regierung will die Restriktion im EEG2021 beibehalten.

Die Länder wollen mit dem EEG2021 den Eigenverbrauch deutlich erleichtern und bewegen sich auch hier im Rahmen der EU-Richtlinie. So schlagen sie eine neue Definition im EEG2021 vor. Das wäre die „Direktstromlieferung“. Gemeint sind damit Lieferungen von Strom aus EE-Anlagen in einem direkten räumlichen Zusammenhang. Diese will der Bundesrat dem Eigenverbrauch gleichstellen. Damit wäre die derzeit geforderte Personenidentität obsolet. Weitere Nutzer von EE-Anlagen, nicht nur der Anlagenbetreiber, wären von der EEG-Umlage zu entlasten. In diesem Sinne sind auch Vorschläge, um Mieterstrom zu vereinfachen. Die derzeitigen hohen bürokratischen Anforderungen an Vermieter, die Strom an Mieter liefern, wollen die Länder deutlich verringern.

Mehr Eigenverbrauch ohne EEG-Umlage erlauben

Zu viel Aufwand erkennen die Länder auch im Plan der Regierung, zwar künftig Anlagen bis 20 kW (statt bislang 10 kW) von der EEG-Umlage zu befreien, dies aber auf 10 Megawattstunden zu deckeln. Die dafür erforderlichen Messsysteme will der Bundesrat den Anlagenbetreibern nicht vorschreiben. Er will eine generelle Befreiung von der EEG-Umlage bis zu einer Anlagenleistung von 30 kW.

Eine Absage erteilt der Bundesrat auch den Forderungen im Entwurf für das EEG2021, schon bei Anlagen ab 1 kW Leistung sei ein intelligentes Messsystem zu installieren. Dies lehnen auch Verbände wie der Bundesverband der Deutschen Elektrizitätswirtschaft (BDEW) ab. Stattdessen, so die Länder, solle weiterhin die 7-kW-Grenze gelten.

Ausbauziele der Regierung zu gering

Enttäuscht sind die Länder zwar nicht vom Ziel im EEG2021, bis 2030 den Anteil der erneuerbaren Energien auf 65 Prozent zu steigern. Doch gehe die Regierung von einem zu geringen Stromverbrauch aus. Thomas Bareiß, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium, verteidigte die aus Sicht des Bundesrates zu geringen Ausbaupfade mit dem Argument, man wolle ja auch die Energieeffizienz steigern. Der Bundesrat beurteilt die Chancen, dass dies in diesem Maße gelingt, aber als gering. Er will die Ausbaupfade deutlich anheben. So soll künftig die PV-Anlagenleistung um jährlich 10 Gigawatt wachsen. Die Regierung sieht im Entwurf für das EEG2021 nur 5 GW vor.

Verbunden mit den höheren Zielen ist die Suche nach Flächen und neuen Segmenten. Daher wollen die Länder bei den Ausschreibungen Agro-PV-Anlage und Floating-PV-Anlagen gezielt fördern. Agro-PV-Anlagen können auf Flächen, die auch der Landwirtschaft dienen, parallel genutzt werden. Sie sind aber gegenüber den reinen Freiflächenanlagen derzeit nicht konkurrenzfähig. Dies gilt auch für Floating-PV-Anlagen, also solchen, die schwimmend auf Seen zu betreiben sind.

Ausweitung der Flächenkulisse im EEG2021

Die so erreichte Ausweitung der Flächenkulisse wollen die Länder auch noch auf andere Weise erreichen. Momentan können sich Betreiber mit PV-Anlagen in einzelnen Bundesländern an Ausschreibungen beteiligen, die in benachteiligten Regionen liegen. Dies sind Flächen, auf denen nur geringe landwirtschaftliche Erträge zu erwarten sind. Diese Flächen wollen die Länder auch für kleinere Anlagen freigeben, die eine Marktprämie ohne Ausschreibung erhalten können. Und gezielt will der Bundesrat etwa Flächen auf Parkplätzen für die Photovoltaik besser nutzbar machen.

Bei der Windkraft wollen die Länder ein einfacheres Repowering erreichen. Und dem Ziel, Flächen für die Windkraft zu gewinnen, dient auch die Forderung, die Beteiligung von Kommunen an den Erträgen von Windkraftanlage verpflichtend zu machen. Dabei sei in den Entwurf für das EEG2021 noch eine klare Regelung einzufügen, wie Nachbarkommunen ebenfalls partizipieren können.

Ü20-Anlagen das (Über)Leben erleichtern

Mit Blick auf die Ausbauziele wollen die Länder die Hürden für Ü20-Anlagen, die aus der Förderung herausfallen, im EEG2021 abbauen. So soll es insbesondere bei den kleinen Anlagen keine Nachrüstpflicht für intelligente Messsysteme geben. Den Eigenverbrauch will der Bundesrat bewusst zulassen. Und auch für größere Anlagen solle es eine Marktpreisregelung nach Überschreiten der Förderhöchstdauer geben.

Der Bundesrat sieht – basierend auf dem Erfahrungsbericht zum EEG – zu wenig Anreize für den Ausbau der erneuerbaren Energien. Die derzeitigen Einspeisevergütungen für PV-Anlagen seien nicht mehr ausreichend. Daher wollen die Länder sie anheben, zum Beispiel bei Anlagen bis 10 kW auf 11 Cent. Ebenso sollen teils die Bedingungen für Biomasse, Wasserkraft und Tiefengeothermie verbessert werden, etwa über das Aussetzen der Degression. Die atmenden Deckel sollen mehr Luft erhalten.

Strom nutzen statt abriegeln

Der Bundesrat setzt sich auch dafür ein, Erneuerbare-Energien-Strom zu nutzen statt ihn abzurebeln. Darauf richten sich mehrere Vorschläge. Die Länder wollen so die Sektorenkopplung vereinfachen. Ein Beispiel ist hier EE-Strom für die Wärmeproduktion – etwa in Nahwärmenetzen. Für diesen Strom soll die EEG-Umlage entfallen. Dies knüpfen die Länder an Bedingungen. Solcher Strom wäre nur dann von der EEG-Umlage befreit, wenn er sonst abgeregelt würde oder in Zeiten negativer Strompreise.

7.11..2020 | Text: Andreas Witt, Solarthemen | solarserver.de
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