© Christopher Dunker/ BKA / Pressekonferenz der Bundesregierung zur Ökosozialen Steuerreform
© Christopher Dunker/ BKA / Pressekonferenz der Bundesregierung zur Ökosozialen Steuerreform

Regierung stellt Ökosoziale Steuerreform vor

Pressekonferenz zum Thema "Ökosoziale Steuerreform": CO2-Bepreisung startet- Klimaziele werden so nicht erreicht

"Wir verzeichnen derzeit in Österreich ein starkes Wirtschaftswachstum. Nach einer wirklich harten Zeit der Pandemie wächst unsere Wirtschaft heuer um vier bis fünf Prozent. Das Ziel der Regierung ist es, dass alle, die in Österreich ihren Beitrag leisten, von diesem Aufschwung profitieren. Wir dürfen heute, vom Volumen her, die größte Steuerentlastung der Zweiten Republik präsentieren. Bis 2025 werden wir ein gesamtes Entlastungsvolumen von über 18 Milliarden Euro zustande bringen", so Bundeskanzler Sebastian Kurz heute bei der Präsentation der ökosozialen Steuerreform im Bundeskanzleramt, die er gemeinsam mit Vizekanzler Werner Kogler, Finanzminister Gernot Blümel, Umweltministerin Leonore Gewessler und Arbeitsminister Martin Kocher vorstellte.


Gesenkt werden sollen die Sozialversicherungsbeiträge um kleine Einkommen spürbar zu entlasten, auch Pensionistinnen und Pensionisten, geplant ist außerdem eine Senkung der Lohn- und Einkommenssteuer, die zweite Progressionsstufe ab Juli 2022 von 35 auf 30 Prozent, und die dritte ab Juli 2023 von 42 auf 40 Prozent. "Darüber hinaus führen wir eine Mitarbeiterbeteiligung ein, die gewährleistet, dass jede Mitarbeiterin und jeder Mitarbeiter am Erfolg des Unternehmens mit bis zu 3.000 Euro pro Jahr steuerfrei beteiligt wird", informierte Sebastian Kurz über die Eckpunkte der Steuerreform. Der Familienbonus wird von 1.500 Euro auf 2.000 Euro pro Kind und Jahr erhöht.

Das alles seien Maßnahmen, die zu einer massiven Entlastung der arbeitenden Menschen, insbesondere von kleinen und mittleren Einkommen, führen werden und Familien in Österreich noch einmal zusätzlich stärken würden.

Wirtschaftsstandort soll attraktiviert werden

Darüber hinaus setze die Bundesregierung mit der Steuerreform Maßnahmen zur Attraktivierung des österreichischen Wirtschaftsstandortes. "Wir haben uns auch dazu entschieden, Maßnahmen zu setzen, um unseren Standort weiter zu attraktivieren und sicherzustellen, dass es auch in Zukunft gut bezahlte und hoch qualifizierte Arbeitsplätze in Österreich gibt. Bis zum Ende der Legislaturperiode wird die Körperschaftssteuer um 2 Prozent gesenkt, von derzeit 25 auf zunächst 24 und dann 23 Prozent", sagte Bundeskanzler Kurz. Eingeführt wird auch ein Investitionsfreibetrag, insbesondere für ökologische Investitionen, um die Transformation zu unterstützen, den Standort Österreich zu stärken und Arbeitsplätze zu sichern. Gefördert werden auch energieautarke Bauernhöfe.

CO2-Bepreisung als Trendwende– regionaler Klimabonus kommt

Gleichzeitig hat sich die Regierung entschieden, eine ökologische Trendwende in Österreich einzuleiten. "Umweltschädliche Schadstoffe werden in Zukunft bepreist. Das ist die ökologische Komponente dieser Steuerreform. Andere Länder in Europa, wie etwa Deutschland, haben diesen Weg bereits eingeschlagen und auch wir setzen jetzt diesen vollkommen richtigen Schritt. Wir werden hier ab 1. Juli 2022 mit einen CO2-Preis von 30 Euro pro Tonne einsteigen", erläuterte der Kanzler die CO2-Bepreisung. Diese werde sich dann, so wie in Deutschland, auf 35 Euro, 45 Euro und 55 Euro bis zum Jahr 2025 steigern. Damit diese CO2-Bepreisung nicht zu einer Mehrbelastung führe, insbesondere von Menschen, die auf das Auto angewiesen seien, soll es einen regionalen Klimabonus gebem. "All das Geld, welches durch die CO2-Bepreisung in den Staatshaushalt hineingespült wird, wird an die Menschen weitergegeben." Das sei keine Erhöhung der Preise oder der Steuern, sondern eine Einnahme, die in der Sekunde sofort wieder ausgeschüttet werde, gestaffelt nach dem Wohnort.

"Die Lebensbedingungen zwischen Stadt und Land sind sehr unterschiedlich, die Masse der Menschen in Österreich lebt im ländlichen Raum und ist auf das Auto angewiesen. Daher haben wir uns entschieden, dass der Klimabonus regional abgestuft sein wird – je nach Wohnort gibt es 4 Stufen – mit einem Unterschied zwischen urbanem und ländlichem Raum. Konkret bedeutet das, dass dieser Klimabonus 100 Euro pro Jahr für jeden, der in der Stadt lebt, beträgt. Für jene Menschen, die am Land leben, beträgt er 200 Euro pro Jahr. Das ist aus unserer Sicht eine gerechte Unterstützung, insbesondere all jener, die im ländlichen Raum leben und dadurch mit einer anderen Infrastruktur ausgestattet sind", betonte Sebastian Kurz.

Alle Maßnahmen werden schrittweise ab 2022 bis zum Ende der Legislaturperiode in Kraft treten und eine sehr spürbare Wirkung haben.

Der Bundeskanzler Kurz bedankte sich außerdem für die gute Zusammenarbeit. "Diese Steuerreform ist ein Megaprojekt, das wir monatelang erarbeitet haben. Ich danke allen Regierungsmitgliedern, die daran beteiligt sind und allen Teams, die teilweise nächtelang daran gearbeitet haben. Insbesondere möchte ich mich auch bei Vizekanzler Werner Kogler für die wirklich gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit bedanken. Ich bin froh, dass wir dieses Megaprojekt gemeinsam auf den Weg gebracht haben", betonte Kurz.

Einstieg in die CO2-Bepreisung positiv, trotzdem deutliche Nachbesserungen notwendig

Die Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 begrüßt den vorgestellten Einstieg in die CO2-Bepreisung in Österreich, kritisiert aber das viel zu niedrige Niveau: „Der heute beschlossene Einstieg in die CO2-Bepreisung ist ein erstes Signal an Bevölkerung und Unternehmen in Klimaschutz zu investieren. Für den notwendigen großen Umschwung braucht es aber eine viel mutigere Reform", erklärt Johannes Wahlmüller. „Wir fordern daher deutliche Nachbesserungen. Ein Notfallmechanismus im kommenden Klimaschutzgesetz, der Verbindlichkeit sichert und den CO2-Preis dann erhöht, wenn wir unseren Zielpfad nicht einhalten, ist jetzt umso wichtiger", meint Wahlmüller.

Horrende Kompensationszahlungen notwendig, wenn Klimaziele nicht erreicht werden

Der Rechnungshof hat bereits gewarnt, dass Österreich bis zu 9 Mrd. Euro an Kompensationszahlungen leisten muss, wenn wir unsere Klimaziele verfehlen. Daher sieht GLOBAL 2000 einen CO2-Preis von mittelfristig 150 Euro als notwendig an, der in den Folgejahren weiter steigen und über einen Ökobonus für alle sozial abgefedert werden soll. Bundeskanzler Sebastian Kurz hat bereits klar gemacht, dass er die Klimaziele erreichen will, statt Strafe zu zahlen. Dafür wäre aber eine viel mutigere Reform nötig gewesen, wie wissenschaftliche Untersuchungen klar belegen.

Umweltschädliche Subventionen bleiben, Kostenwahrheit fehlt

Der bereits von der Regoerung bestätigte Beschluss, umweltschädliche Subventionen abzubauen, wird leider mit der vorgestellten Reform nicht umgesetzt. Das WIFO beziffert bestehende umweltschädliche Subventionen mit etwa 4,8 Mrd. Euro pro Jahr, aber selbst das umstrittene Dieselprivileg bleibt vorerst bestehen. Es ist die größte umweltschädliche Subvention in Österreich, in Höhe von etwa 700 Mio. Euro pro Jahr.

Kritisch sieht GLOBAL 2000 auch, dass das erklärte Ziel der Bundesregierung, Kostenwahrheit herzustellen, nicht ansatzweise erfüllt wird. Das deutsche Umweltbundesamt errechnete, dass die Klimaschäden einer Tonne CO2, Kosten von bis zu 680 Euro verursachen, wenn zukünftige Klimaschäden gleich hoch gewichtet werden wie heutige. Bei einem CO2-Preis von 30 EUR, der auch in wenigen Jahren nur auf 55 EUR steigen soll, ist klar, dass auch in Zukunft hohe Kosten durch Klimaschäden auf Betroffene der Klimakrise, die Allgemeinheit und zukünftige Generationen übergewälzt werden: „Milliardenschwere umweltschädliche Subventionen bleiben bestehen, während hohe Kosten durch Klimaschäden nur zu einem sehr kleinen Teil von den verursachenden Wirtschaftsriesen getragen werden. Das ist unfair und eine massive Hypothek für zukünftige Generationen. Neben einem höheren CO2-Preis brauchen wir ein wirksames Klimaschutzgesetz, ein Erneuerbares Wärmegesetz für den Ausstieg aus Öl- und Gasheizungen und ein Effizienzgesetz, das uns hilft, große Energieeinsparpotenziale auch wirklich zu heben", so Johannes Wahlmüller.


Ähnlich äußert sich Greenoeace. Österreich hat nicht einmal mehr 20 Jahre, um die von der Regierung versprochene Klimaneutralität zu erreichen. “Die ökosoziale Steuerreform muss das Herzstück eines fixierten Fahrplans zur Klimaneutralität bis 2040 sein. Zusätzlich muss das längst überfällige Klimaschutzgesetz auf den Tisch, dass einen strikten Reduktionspfad für Österreichs klimaschädliche Emissionen in den nächsten zwei Jahrzehnten vorgibt,” i Sophie Lampl, Programm-Direktorin bei Greenpeace, überzeugt.

„Eine öko-soziale Steuerreform müsste deutlich ambitionierter ausfallen, um den CO2-Ausstoß und den Bodenverbrauch wirksam einzubremsen. Derzeit ist es ein schwacher Kompromiss, der dringend verbessert werden muss“, sagt WWF-Programmleiterin Hanna Simons. Der WWF fordert einen höheren Einstiegspreis von zumindest 50 Euro pro Tonne CO2, der bis 2025 auf 150 Euro pro Tonne CO2 ansteigt und danach schrittweise bis über 2030 hinaus steigt.

Das Klimavolksbegehren meint sogar, die Regierung versagt bei der Steuerreform auf ganzer Linie, da 30 Euro pro Tonnen CO2 ein Dumpingpreis sei, mit dem es unmöglich ist, die Klimaziele je zu erreichen. „Beim Klimaschutzgesetz braucht es ein klares Bekenntnis von Bundeskanzler Kurz, denn jede weitere Verzögerung im Klimaschutz geht auf Kosten unser aller Zukunft. Es liegt an der Politik, diese Zukunft ernsthaft zu sichern.” ist sich Katharina Rogenhofer, die Sprecherin des Klimavolksbegehrens, sicher.

ABER: Ein erster Anfang in die richtige Richtung ist geschafft, und hoffentlich wird man lieber in diese weitergehen, als hohe Strafzahlungen leisten zu müssen!

Die ökosoziale Steuerreform kurz zusammengefasst:

1. CO2-Preis pro Tonne ab 1. Juli 2022: 30,- Euro. Kommuniziert wurde jedoch nicht, was in die CO2-Bepreisung aufgenommen wird. Autofahren und Heizung wurden angesprochen. Flüge hoffentlich auch? 🤔
2. Energieautarke Bauernhöfe werden gefördert.🙂
3. Die Eigenstromsteuer auf Solarenergie fällt 🙂
4. Das Diesel-Privileg bleibt (leider) 😤
5. Es gibt einen Klimabonus - für Menschen in der Stadt: 100,- Euro, für Menschen, die am Land leben: Bis zu 200,- Euro
6. Der Umstieg von fossilen Heizungssystemen wird stärker gefördert.


Doris Holler-Bruckner & Lukas Pawek für OEKONEWS


Artikel Online geschaltet von: / Doris Holler /