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Heinrich-Böll-Stiftung | Stephan Röhl | Dr. Antje Vollmer

© Heinrich-Böll-Stiftung | Stephan Röhl | CC-BY-SA-2.0 | Dr. Antje Vollmer

„Bösewichte wie Putin und Xi bestrafen oder die Welt retten“

Antje Vollmer (Grüne): „«“Um die ökologische Frage weltweit zu lösen, braucht es eine neue Zusammenarbeit mit China und Russland.“»“

Unmittelbar nach Kriegsausbruch stellte Infosperber fest: «Nichts, aber auch gar nichts rechtfertigt den Angriffskrieg: kein Versäumnis und kein Fehler des Westens und keine Oligarchen oder Faschistengruppen in der Ukraine.»

Seither kam es auf beiden Seiten zu Hunderttausenden Verletzten und Toten, zu Millionen Geflüchteten und in der Ukraine zu schlimmen Zerstörungen. In Russland und in der Ukraine herrscht heute maximale Zensur. 

Stimmen wie diejenige von Antje Vollmer kommen in großen Medien selten zu Wort. Deshalb dokumentieren wir hier ihre Aussagen.

Die Grünen bezeichnen sich selber als Friedenspartei

Die deutschen Grünen unterstützen höhere Rüstungsausgaben und Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien. Dazu erklärte Antje Vollmer in einem Interview auf Telepolis:

«Die Grünen bezeichnen sich selber als Friedenspartei, die gewaltsame Konflikte verhindern und Ursachen von Gewalt und Flucht beseitigen will. Offenbar soll darüber erst nach dem Sieg über den verhassten Putin nachgedacht werden. Ich aber suche nach Konzepten unabhängig davon, wer gerade im Kreml an der Macht ist.» 

Die Öko- und Friedensbewegung habe früher eine andere Vision für Europa gehabt: «Es wird keinen dauerhaften Frieden in Europa geben, wenn man Russland ausschließt.»

Der Ausschluss Russlands aus Europa als Ziel

Der Angriffskrieg Russlands habe in den Köpfen schon spätestens im Jahr 2008 begonnen und sei dann weiter im Jahr 2014 weitergeführt worden: «Das gilt für die russische Position – aber es gilt auch für den Westen. Der Ausschluss von Russland aus Europa war ja das erklärte alte Nato-Ziel. Es ging darum, die USA dauerhaft als Führungsmacht in Europa zu verankern, Deutschland dauerhaft einzuhegen und zu kontrollieren und Russland dauerhaft draußen zu halten.»

Mit seinem Krieg gegen die Ukraine habe Putin das Tor zum Westen auf lange Zeit zugeschlagen: «Aber auch der Westen hat Russland dauerhaft ausgeschlossen und sich schon lange eine andere Weltordnung überlegt.»

Beschämende Abwesenheit bei Gorbatschows Abdankung

Als «beschämend» nannte Vollmer, dass sich weder die rot-grüne Regierung noch andere westliche Regierungen beim Begräbnis von Michail Gorbatschow vertreten ließen – mit Ausnahme ausgerechnet von Viktor Orbán: «Deutschland, das Gorbatschow nahezu alles zu verdanken hatte, schickte weder Präsident noch Kanzler, Minister, Botschafter, Parlamentarier, sondern nur einen besseren Hausmeister mit einem bescheidenen Kranz.»

Vollmer stellte schließlich eine Frage, die sonst weitgehend tabu ist: «Haben uns die einmalig harten Wirtschafts-Sanktionen dem erwünschten Ziel nähergebracht? Und wenn sie uns im Gegenteil eher geschadet haben, sollten wir diese Art der Konfrontation etwa auf die ganze Welt übertragen? Also auch auf die große kommende Auseinandersetzung mit China?» Diese Frage müsse man nüchtern und ohne Selbstbetrug beantworten.

Irgendwann müssten sich die Grünen entscheiden: «Wollen sie vorrangig die Bösewichte der Welt, also die Putins und Xi Jinpings, bestrafen, oder wollen sie die Welt retten?» Heute gelte «eine pazifistische Vision als charakterlos, wenn sie selbst für den Paria einen Ausweg sucht hin zu gemeinsamen Zielen».

Vieles habe damit zu tun, wie ernst man die Klimakrise nehme: «Wir sollten wirklich alles darauf konzentrieren, Wege zum Frieden zu finden, damit wir endlich zu einer gemeinsamen Klimapolitik kommen.»

Vollmer bedauert, dass früher konstruktive Organisationen wie die Körber-Stiftung, die Bosch-Stiftung, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik oder die Heinrich-Böll-Stiftung heute «fast ausschließlich transatlantisch orientiert sind, sehr konfrontativ zu allen Gedanken der Entspannungspolitik, die sie als überholt definieren». Und dies alles ohne ein öffentliches Mandat, sondern oft im privatwirtschaftlichen Interesse: «Es sind keine inhaltlich unabhängigen Institutionen mehr. Sie verbreiten eine ziemlich einheitliche Agenda. Sie haben ihren Gründungsauftrag nahezu in das Gegenteil verkehrt.»

  • Antje Vollmer, die Pfarrerin, Pädagogin und Publizistin wurde als Bundespolitikerin bekannt. 1983 gehörte sie der ersten Grünen-Bundestagsfraktion an und war von 1994 bis 2005 Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages.
  • Antje Vollmer und Hauke Ritz am 14. April 2022 auf Infosperber: Nach dem Mauerfall bestand die Chance für eine friedlichere Welt. Sie wurde verspielt – auch durch die Arroganz des Westens.
Quelle

Der Bericht wurde von der Redaktion „INFOsperber.ch“ 2022 verfasst – der Artikel darf nicht ohne Genehmigung weiterverbreitet werden! 

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